Wie das Unternehmen Queisser für mehr Chancengleichheit sorgt

Wie das Unternehmen Queisser für mehr Chancengleichheit sorgt

FLENSBURG | Till H. Lorenz | Flensburger Tageblatt vom 02.04.2019, Seite 3

Das Klischee lebt. Typische Frauen- und Männerberufe, Geschlechtergrenzen in der Arbeitswelt sind in Deutschland noch immer Alltag. Nur langsam stellt sich der Wandel ein. Wie es anders gehen kann, zeigt Queisser. Gestern hat Schleswig-Holsteins Gleichstellungsministerin Sabine Sütterlin-Waack das Flensburger Pharmaunternehmen besucht, um sich gemeinsam mit sieben Schülerinnen vor Ort über zu informieren.

Queisser ist ein Paradebeispiel bei der geschlechtlichen Chancengleichheit. 35 bis 40 Praktikanten zählt der Betrieb im Jahr. Zwei Drittel davon seien Mädchen, sagt Personalleiter Holger Klattenhoff. „Wenn wir einen Ausgleich schaffen müssten, müssten wir mehr Menschen einstellen“, sagt er. Mit 52 Prozent machen Frauen inzwischen die Mehrheit im Betrieb aus. Der hohe Frauenanteil zieht sich durch so ziemlich alle Ebenen des Mittelständlers. Dieser denke laut Klattenhoff nicht mehr in Kategorien wie Mann und Frau. „Wenn ich in Qualifikationen denke, dann bin ich völlig frei davon.“

Ein Dreh- und Angelpunkt dabei ist der Umgang des Unternehmens mit seinen Auszubildenden und dass es seit Jahren auch die Möglichkeit zur Ausbildung in Teilzeit anbietet. „Wir ermöglichen das“, sagt Zinai Asgodom. Bei Queisser ist er für die Ausbildung der Lageristen sowie die Fachkraft für Lagerlogistik zuständig. Der Anteil von Männern und Frauen in diesem Bereich, der normalerweise als typische Männerdomäne gilt, ist ihm zufolge ausgeglichen.

Das Modell der Ausbildung in Teilzeit ist unter anderem für Alleinerziehende interessant. Was besonders auffällig bei Queisser ist: Es gibt etliche Beispiele von Auszubildenden in dem Pharmaunternehmen, die zuvor einen anderen, einen typischen Frauenberuf erlernt haben: als Kindergärtnerin beispielsweise oder als Friseurin. Einer Studie der Hamburger Soziologin Anne Busch-Heizmann zufolge wechseln normalerweise nur sieben Prozent der Frauen in ihrem Erwerbsleben aus einem typischen Frauenberuf in eine Männerdomäne. Umgekehrt wechseln jedoch 15 Prozent aller Frauen, die ihr Erwerbsleben in einem von Männern dominierten Beruf beginnen, später in einen typischen Frauenberuf.

Sütterlin-Waack ist zufrieden. „Ich freue mich, dass die Schülerinnen hier direkt und anschaulich erleben können, wie gut Gleichstellung umgesetzt werden kann“, sagt die Ministerin. Vielleicht gelinge es auch so, mehr Mädchen und junge Frauen für solche Branchen zu gewinnen. „Ich halte es für ganz wichtig, sie für die sogenannten Mint-Fächer zu begeistern“. Zu diesen zählen Mathematik, Informatik sowie die naturwissenschaftlichen und technischen Fächer. „Wenn sie dann Ausbildungen und Jobs in diesen gut bezahlten Bereichen anstreben, dann gelingt es auch, den Gender Pay Gap, also die Verdienstlücke zwischen Männern und Frauen, weiter zu schließen“, so die Ministerin.

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